Ist Aikido eine effektive SV?
SV iS von Abwehr eines Angriffes zum Selbstschutz: ja durchaus, wenn
Du gut bist (d.h. idR ein paar Jährchen regelmäßig trainierst).
SV iS von kämpfen und einen anderen Menschen besiegen: wohl eher
nicht, insbes. gegen nen anderen KKler oder schlimmer, nem
gewohnheitsmäßigen, versierten Schützenfest- und Kirmesschläger. Wenn
man sich da auf einen Schlagabtausch (Klopperei) einläßt, hilft Aikido
nicht mehr so viel. Will sagen, Aikido eignet sich sicher nur schlecht
für eine Prügelei. Andere KKs bieten durchaus auch hierfür ein
probates Repertoire. Inwieweit bei einer solchen Situation allerdings
die KK oder andere Faktoren maßgeblich auf den Ausgang Einfluß nehmen,
sei dahingestellt.
Während meines Zivildienstes habe ich ohnehin den Eindruck gewonnen,
dass es Wurscht ist, denn beide Parteien bekommen ganz ordentlich was
ab (und es sind auch immer wieder die selben Pappenheimer).
Da ich Aikido von den Bewegungen her fantastisch finde, wollte ich wissen,
ob es auch "nützlich" ist, wenn man mal auf der Strasse auf einen Haufen
übellauniger Typen trifft.
Bei einem Haufen übellauniger Leute? Hm, Kettensäge, 375er Magnum?
Pech nur, wenn die zurückschießen ...
Ne, im ernst, wer jemanden überfallen will, der schafft das auch
(sofern er nicht besoffen und / oder total blöd ist), egal, ob der
Angegriffene bewaffnet ist oder ne KK betreibt.
Wovon man sich beim Aikido halt verabschieden muss, ist die Idee,
sozusagen fertige Versatzstücke oder eine Sammlung von Tricks
geliefert zu bekommen. Im Prinzip werden keine Kampftechniken im
herkömmlichen Sinn unterrichtet, sondern sehr komplexe
Bewegungsmuster, mit denen man (erstmal) gar nix anfangen kann. Diese
sind aber sehr gut zu üben, gut v.a. iS eines geringen
Verletzungsrisikos und v.a. iS einer hoher Übungsfrequenz / einer
hohen Anzahl an Wiederholungen pro Übung. Dadurch verinnerlicht man
ganz grundsätzliche Bewegungsstrategien, nicht unbedingt Techiken.
Diese sicherlich auch, aber das allein wäre ja nicht aikidospezifisch,
denn die Techniken an sich (Kote-geashi, Shiho-ngae usw.) existierten
ja auch schon in älteren Stilen des Jujutsu und auch des Wushu /
Kung-Fu und sind nicht vom Aikido-Gründer erfunden worden. Es geht
eben eher um das "Wie" und die dahinterlegenden Prinzipien, die eine
Abwehr aikidospezifisch werden lassen. Der Gründer soll auch gesagt
haben, man brauche nur Ude-osae / Ikkyo und Irimi-nage, um Aikido zu
lernen, die anderen Techniken habe er nur wegen der ungeduldigen
Schüler hinzugenommen.
Insofern ist es auch gar nicht so wichtig, ob ein Angriff realistisch
(also so, wie ihn jemand in der Kneipe anbringen würde) ist oder ob
ein Fauststoß wie aus dem Karate-Lehrbuch ist (wobei man sich auch
hier über das "Realistisch" streiten könnte). Vielmahr geht es darum,
dass später eine Angriffsituation "ehrlich" ist (ich komme in
Bereiche, in denen es schwer wird, mit Worten zu beschreiben). Dazu
gehört, dass ein Angriff tatsächlich treffen müßte, dass er, z.B. im
Randori, durchaus überraschend ist, v.a. aber auch, dass Uke Lücken
und Öffnungen, Schwächen und Fehler bei Nage erkennt und ausnutzt, um
das grundsätzliche (Re-)agieren zu perfektionieren. Da ist es aber
völlig egal, ob es ein Griff zum Hals ist oder ein Faustschlag ins
Gesicht ist, das macht für die Intention (und sicher auch für die
Bewegungsrichtung) keinen Unterschied. Es darf halt nur kein
halbherziges Etwas sein, das ist wichtig. Dass man beim Aikido in den
Grundformen und v.a. am Anfang "von der anderen Staßenseite z.T. mit
Zuwinken und mit Anlauf angreift" ist so. Allerdings teile ich zum
Teil durchaus auch die Kitik, dass auch bei Fortgeschritteten die
Distanzen zu groß sind. Zwar ist die Idee natürlich die, diese Distanz
als Nage immer herzustellen, aber auch ich zweifle, ob dies (für mich)
immer möglich ist. Andererseits ist mir nach Anbringen dieser Sache
bei hohen Danträgern, nachdem sie mich dazu aufgefordert hatten) nie
gelungen, dies zu unterlaufen. Auch bei einer begrenzten Mattenfläche
von 2 qm, habe ich es z.B. mal auf irgendeinem Lehrgang nicht
geschafft, den Hakama (oder das Revers?) von, ich glaube es war Asai,
zu greifen (ist schon ein paar Jährchen her, bin immer noch passiv,
neben viel Arbeit, bleiben bisher immer noch nur gute Vorsätze :-( ).
Die Frage ist eben nur, wann man dieses Niveau erreicht.
Da hat aber eben auch der Uke und auch das eigene Verhalten als Uke
einen wichtigen Einfluß beim Lernprozess. Aber das bemißt sich nicht
darin, wie "realistisch" nun ein Angriff ist. Insofern habe ich auch
schon am Anfang den Part des Uke beim Aikido immer als wesentlich
aktiver empfunden, als z.B. beim Ju-Jutsu oder Karate. Mir persönlich
bringt diese Art zu üben einfach mehr, als z.B. ein Wettkampfsystem.
Letzteres dürfte aber sicherlich vom Zeitaspekt her die effektivere /
schnellere Methode sein, insbes. wenn man "nur" zwei- bis dreimal pro
Woche für 90 Minuten trainiert, bzw. trainieren kann. Aikido scheint
ja eher in der Tradition zu stehen, ein "Programm" zu haben, welches
ein Adept innerhalb weniger Jahre durchläuft, ganztägiges tägliches
Training (nur die Harten kommen in den Garten) vorausgesetzt. Danach
sind die Leute im Grunde soweit,, dass sie eigene Schulen aufmachen
können (einschließlich Meistern der entsprechenden Herausforderungen,
um den Lehrer nicht zu blamieren). Hier scheint dieses System am
besten zu funktionieren, schließlich haben es die alten Top-Aikidoka
wie Shioda, Saito, Tohei uvm. auch so gemacht. Ich habe manchmal den
Eindruck, dass Aikido für ein zweimal die Woche 90 Minuten Programm
nicht optimal ist. Es dauert halt, bis man mal den Eindruck hat, dass
sich was tut. Außerdem darf man sicher nicht verschweigen, dass es
durchaus Gruppen gibt, die nahezu alle Klischees, die es über Aikido
gibt, erfüllen. Da werden dann wirklich nur tanzähnliche Bewegungen
imitiert, die in sich dann aber eben keinen Sinn manchen und die
wichtigen Prinzipien gar nicht vermitteln.
Ich persönlich empfehle Leuten, die auch primär an SV orientiert sind,
erstmal einen guten Selbstverteidigungskurs zu machen, da gibt es
inzwischen wirklich gute. Dann kann man weiterschauen, in welche
Richtung man jetzt am ehesten gehen möchte.
Oder würdet ihr mir doch KarateDo, TKD oder
ähnliche "schlagende" Kampfkünste empfehlen.
Würde mich über eure Erfahrungen freuen
Diebezüglich höre ich immer wieder, dass Boxen dafür am besten und
schnellsten erlenbar sei.
Sebastian
Klaus